Herausgeber: Clemens Kochinke
Attorney at Law u. Rechtsanwalt i.R., USA

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Redefreiheit von Schülern im Internet
04. Juni 2023
CK - Washington.   Der Revisionsentscheid im Fall Kutchinski v. Freeland Community School District vom 2. Juni 2023 erörtert mehrere verfassungsrechtliche Grundsätze zum Recht von Schülern, hochstaplerisch Konten im Namen von Lehrern einzurichten und deren Ruf durch bösartige Meinungsmache hinzurichten. Der übersetzte Sachverhalt aus der Begründung lautet:
H.K., ein Schüler der Freeland Community School erstellte ein gefälschtes Instagram-Konto, in dem er sich als einer seiner Lehrer ausgab. Das Konto war anfangs harmlos, wurde aber bald grafisch, schikanös und bedrohlich, als zwei seiner Freunde ihre eigenen Beiträge zu dem Konto hinzufügten. Die Nachricht über das Konto verbreitete sich schnell, angeheizt durch die Bemühungen der Schüler eigenen Bemühungen. Sie akzeptierten Aufforderungen, dem Konto zu folgen, und H.K.s Freunde markierten Lehrer in ihren Beiträgen. H.K. beschloss schließlich, dass die Aufmerksamkeit zu groß war, und löschte das Konto. (Übersetzt mit www.DeepL.com/Translator (kostenlose Version)
Die schikanierenden Beiträge verunsicherten die Lehrer und Schulverwaltung und wirkten sich deshalb in der Schule aus. Das Bundesberufungsgericht des Sechsten Bezirks bestätigte daher den Beschluss der Verwaltung, den Schüler 10 Tage vom Unterricht zu suspendieren. Der Redefreiheitsschutz des Ersten Verfassungszusatzes unterliege Grenzen, die hier griffen. Die Auswirkung auf die Schule erlaube einen Eingriff in diesen Schutz auch, wenn der Schüler außerhalb der Schule agierte. Der Vierzehnte Verfassungszusatz mache den Eingriff auch bei einer einzelstaatlichen Einrichtung anwendbar, und die zeitliche Begrenzung der Strafe sei mit dem Rechtsstaatlichkeitsgrundsatz vereinbar.
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Markenantrag USA, Angaben, Verfahrensdauer
02. Juni 2023
CK - Washington.   … vielen Dank für Ihre freundliche Anfrage über die Eintragung Ihrer Marke in den USA. Wir benötigen für den Antrag beim Bundesmarkenregister neben der Markenbezeichnung selbst weitere Informationen, und ich kann kurz auf Ihren Wunsch nach einer schnellen Bearbeitung eingehen.

1) Wir brauchen Namen und Anschrift des Markeninhabers. Sollen wir dieselben Daten verwenden wie bei der vorherigen Eintragung?

2) Wann erfolgte die erste Verwendung der Marke im Verkehr weltweit, und wann im Handel mit oder in den USA? Oder handelt es sich um eine Marke, die erst in Zukunft verwendet werden soll?

3) Welche Waren oder Dienstleistungen werden mit der Marke gehandelt?

4) Wenn die Marke bereits benutzt wird, benötigen wir ein gutes Foto von der Marke auf einer Ware oder ihrer unmittelbaren Verpackung. Bei einer Dienstleistung benötigen wir eine Webseite, von der wir Bilder der richtigen Verwendung anfertigen können. Wenn sie nicht auf einer Webseite benutzt wird, teile ich Ihnen Alternativen mit.

5) Hat der Markenbegriff eine Bedeutung in irgendeiner Sprache, und wenn ja, welche?

6) Ist der Markenbegriff ein Familienname oder eine geografische Bezeichnung?

Zur Verfahrensdauer: Augenblicklich erhalten wir vom Amt nach 9 - 12 Monaten die ersten Antworten auf einen Antrag. Die Bearbeitungsdauer hat sich erheblich verlängert, nachdem das Amt diverse Antrags- und Prüfvorgänge verändert hat (hauptsächlich zur Vermeidung betrügerischer Anmeldungen aus China). Wir selbst reagieren normalerweise sofort, wenn das Amt handelt, und wir unterrichten Sie am selben Tag nach Eingang einer Mitteilung vom Amt. Wenn das Amt nach seiner Prüfung entscheidet, dass der Antrag ausreicht und veröffentlicht werden darf, vergehen, solange kein Dritter Einspruch erhebt, ungefähr weitere drei bis vier Monate bis zur Eintragung.

Ich hoffe, dass Ihnen diese Auskunft nützlich ist, und ich stehe Ihnen mit Ihrem Hausanwalt in Deutschland gern zur Beantwortung etwaiger Fragen zur Verfügung.

Freundliche Grüße aus Washington
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Fotorecht: Fair Use auf der Kippe
19. Mai 2023
CK - Washington.   Im Urheber- sowie im Markenrecht gilt die Verletzungsentschuldigungsregel des Fair Use. Im Copyright Act is sie in 17 USC §107 gesetzlich verankert. Der Supreme Court of the United States in Washington, DC, als oberster, landesweit zuständiger Bundesgerichtshof beurteilte am 18. Mai 2023 als dritte Instanz die Urheberrechtsverletzung durch den Künstler Warhol im Fall Andy Warhol Foundation for The Visual Arts Inc. v. Goldsmith.

Das Link zur Entscheidung in der zweiten Instanz beim Bundesberufungsgericht des Zweiten Bezirks der USA findet sich im Vorbericht. Dieses Gericht hat Schwierigkeiten mit permanenten Links, sodass der Leser auch andere Quellen versuchen sollte. Die Entscheidung der ersten Instanz war bereits im meinem Landesreport USA in der Zeitschrift Kommunikation & Recht vorgestellt und analysiert.

Die Vorgerichte hatten hauptsächlich auf die Anforderung der Transformation eines Werks abgestellt, während der Supreme Court in der Mehrheitsbegründung auf den Zweck der verletzenden, veränderten Wiederverwendung ohne Genehmigung der Fotografin abstellt. Die transformierende Abwandlung dees Küstlers Warhol ist auch vor diesem Gericht unbestritten, doch fragt es vertieft, wie diese Veränderungen im Sinne von Purpose and Character of Use entscheidend sind, wenn derselbe kommerzielle Zweck vom Nachahmer wie von der Fotografin verfolgt wird.

Die Richter streiten sich in ihren divergierenden Begründungen in diesem Punkt. Soll die Entschuldigung des Fair Use bei einer gewerblichen Verwendung nicht gelten, bei einer Gratisausstellung in einem Museum hingegen wohl? Die Richter weisen keinen eindeutigen Weg, und die amtliche Begründungseinleitung zeigt nur, dass der Mehrheit der Schutz des Monopols der Fotografin mit dem Recht auf die Herstellung von Derivaten am Herzen liegt:
To preserve the copyright owner's right to prepare derivative works, defined in §101 of the Copyright Act to include "any other form in which a work may be recast, transformed, or adapted," the degree of transformation required to make "transformative" use of an original work must go beyond that required to qualify as a derivative.

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Forenhaftung wegen Terroristenbeihilfe
18. Mai 2023
CK - Washington.   In zwei Fällen entschied der Supreme Court in Washington, DC, am 18. Mai 2023 gegen Kläger, die Internetforen wegen ihrer angeblichen Behilfe zu Straftaten, darunter Terrorismus, zur Haftung heranziehen wollten:
Gonzalez v. Google LLC
Twitter Inc. v. Taamneh
In beiden Entscheidungen stellte das Gericht auf die Auslegung der gesetzlichen Beihilfe-Definitionen ab. Die Ergebnisse überraschen, weil sie von Richtern formuliert wurden, deren Mitwirkung gar nicht als sonderlich einflussreich erachtet wurde, aber vor allem, weil sie die Haftungsbeschränkung von § 230 Communications Decency Act nicht ändern.

Im Detail werden die beiden Entscheidungen jedoch noch vertiefter Prüfung unterzogen werden müssen. Wenn die Haftungsbeschränkung von § 230 CDA überhaupt nicht in Frage gestellt ist, ist zu befürchten, dass der IT hassende Kongress handelt, und das wird im günstigsten Fall nur Verwirrung stiften. Gefährlich wird es, wenn er - eher ahnungslos - die Grundfesten des Internet anrührt.
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Fair Use entschuldigt Betriebssystemkopie
08. Mai 2023
CK - Washington.   Fair Use ist im Urheberrecht gesetzlich unter 17 USC §107 definiert, und auf dieses Recht pochte die Beklagte, die für Android- und iOS-Telefone mit ihrer Software virtuelle Geräte für Sicherheitsprüfung und -forschung anbietet - ähnlich wie 10 Jahre vor dem ersten iPhone das Nokia Communicator SDK ein virtuelles Gerät in der Entwicklungsumgebung GEOS 32 bereitstellte. Das virtuelle Gerät läuft auf Standardrechnern und verzichtet auf die eigentliche Hardwareplattform.

Die Klägerin warf der Beklagten das illegale Kopieren des iOS-Betriebssystems vor, nachdem sie zunächst versucht hatte, die Beklagte zu erwerben. Die Beklagte bestritt nicht das Kopieren, Verändern und Wiederwenden des Originals, sondern behauptete, Fair Use gestatte ihr Art der Verwendung.

Die Sicherheitsforschersoftware sei nämlich nicht nur innovativ und nützlich, sie sei transformierend und diene dank weiterer Funktionen neuen Zwecken, die das Original nicht anstrebe, während sie der Klägerin keinen Schaden im Markt zufüge. Das Bundesberufungsgericht des Elften Bezirks der USA in Atlanta stimmte der Beklagten im Fall Apple Inc. v. Corellium Inc. am 8. Mai 2023 mit lehrreicher Begründung zu.
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Buchzensur oder Mahnung?
04. Mai 2023
CK - Washington.   Der Revisionsentscheid Kennedy, Jr. v. Warren vom 4. Mai 2023 erklärt, wann ein Schreiben einer einflussreichen Senatorin als verfassungswidrige Zensur gelten kann, wenn sie einen bedeutenden Internetmarkt auffordert, seine Algorithmen zu ändern. Sie wünscht, dass der Händler ein Buch mit Falschinformationen über COVID-19 nicht in die Bestsellerliste aufnimmt.

Das Bundesberufungsgericht des Neunten Bezirks der USA in San Francisco verneinte, dass das Schreiben einen rechtswidrigen Eingriff darstelle. Es prüfte die vier Merkmale, die der Supreme Court in Washington, DC, aufgestellt hatte, nämlich (1) the government official’s word choice and tone; (2) whether the official has regulatory authority over the conduct at issue; (3) whether the recipient perceived the message as a threat; and (4) whether the communication refers to any adverse consequences if the recipient refuses to comply.

Die Senatorin wählte ernste und dringende Worte mit ihrer Mahnung, doch im üblichen Ton, und sie ist für die Regulierung des Adressaten unzuständig. Der Markt kann sich unter Druck gesetzt fühlen, doch nicht mehr als bei üblicher Kritik auch aus Presse und Öffentlichkeit. Schließlich hatte die Senatorin keine amtlichen Maßnahmen gegen das Unternehmen angedroht. Die Klage des Verlages und der Verfasser des Buches blieben daher erfolglos.
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Biometrischer Datenschutz: Altersfeststellung
23. April 2023
CK - Washington.   Das Spannungsverhältnis von biometrischem Datenschutz, der beispielsweise in Illinois gesetzlich verankert ist, und der neuen kalifornischen Altersfeststellungspflicht von App- und Webanbietern legt der Zwischenbeschluss vom 4. April 2023 im Fall Kuklinksi v. Binance Capital Management Co. offen. Prof. Eric Goldman geht in seiner Erörterung der Entscheidung so weit zu behaupten, dass sich die Gesetzgeber belügen, wenn sie mehr Jugendschutz mit Vereinbarkeit mit dem Schutz der Privatsphäre versprechen.

Der Prozess betrifft die wirksame oder unwirksame Zustimmung von Minderjährigen oder ihren gesetzlichen Vertretern, die auf Webseiten und bei Apps notwendigen Offenlegungen und Erklärungen - in Deutschland oft AGB genannt - und deren Annahme oder Bestätigung sowie die biometrische Alterverifizierung durch Gesichtsfotos zur Bestätigung von staatlichen Ausweispapieren.

Goldman erklärt den Sachverhalt und die Rechtslage so umfassend und überzeugend, dass der Beschluss hier nicht erneut diskutiert, sondern vielmehr auf Goldman verwiesen wird. Die relevanten Gesetze sind der California Age-Appropriate Design Code (AADC), der California’s Privacy Rights Act (CPRA) und der Biometric Information Privacy Act (BIPA) aus Illinois. Die Online-Altersfeststellungspflicht wurde vor 30 Jahren wiederholt als verfassungswidrig beurteilt, doch scheinen die Gesetzgeber nicht aus ihren Fehlern zu lernen.
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Falsche Herkunftsbezeichnung Made in USA
21. April 2023
CK - Washington.   Die Herkunftsbezeichung Made in USA verwendete die Beschuldigte im Verfahren Federal Trade Commission v. Cycra Inc. fehlerhaft. Nach einer Untersuchung der Bundesverbraucherschutzamts FTC in Washington, DC, einigten sich die Parteien auf einen Vergleich, den das Amt am 21. April 2023 der Öffentlichkeit zur Kommentierung vorlegte.

Der Vergleich sieht zahlreiche Sanktionen vor. Vor allem wird das Unternehmen 20 Jahre unter die Aufsicht des Amts gestellt und muss laufend Compliance-Berichte erstatten. Neben den Daumenschrauben wird eine Geldstrafe von $872.577 verhängt, die jedoch auf Bewährung suspendiert wird. Das Amt betont in der Begründung die Anforderungen des FTC Act an die Herkunftsbezeichnung:
Consistent with the FTC's Made in USA Labeling Rule, 16 CFR part 323, and its Enforcement Policy Statement on U.S.-Origin Claims, Part I prohibits Respondents from making U.S.-origin claims for their products unless: (1) the final assembly or processing of the product occurs in the United States, all significant processing that goes into the product occurs in the United States, and all or virtually all ingredients or components of the product are made and sourced in the United States; (2) a clear and conspicuous qualification appears immediately adjacent to the representation that accurately conveys the extent to which the product contains foreign parts, ingredients or components, and/or processing; or (3) for a claim that a product is assembled in the United States, the product is last substantially transformed in the United States, the product's principal assembly takes place in the United States, and United States assembly operations are substantial. Part II prohibits Respondents from making any representation about the country of origin of a product or service, unless the representation is not misleading and Respondents have a reasonable basis substantiating it.

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