Geltendmachung im Konkurs vernichtet Anspruch?
12. Dez. 2019
CK - Washington. Ein als Nachunternehmer eingeschalteter Ausstellerbetrieb ließ sich mündlich von einem Hersteller zusagen, für seine Leistungen für dessen Ausstellungsdienstleister notfalls vom Hersteller bezahlt zu werden. Im Konkurs des Dienstleisters meldete er seine Forderung erfolglos an, verklagte dann den Hersteller und verlor mit der Begründung, die Geltendmachung im Konkurs vernichtete den Anspruch. Das kann auch im amerikanischen Recht nicht stimmen.
Das Bundesberufungsgericht des siebten Bezirks der USA in Chicago entschied am 11. Dezember 2019 im Beschluss CSI Worldwide, LLC v. Trumpf, Inc. für den Nachunternehmer und legte anhand zahlreicher Beispiele lehrreich dar, dass der Misserfolg einer Anmeldung im Insolvenzverfahren nichts über das Bestehen der Forderung gegenüber Dritten besagt. Im Untergericht müssen nun die Anspruchsgrundlagen und Einreden ganz normal beurteilt werden.
Markenlöschung muss nicht sein: Alternativen
10. Dez. 2019
CK - Washington. Ein Familienunternehmen spaltete sich in unterschiedliche Geschäftsbereiche, und ein Teil wurde verkauft, nachdem es den Familiennamen als Marke angemeldet und eingetragen hatte. Nach dem Verkauf klagte der andere Teil auf Markenlöschung aufgrund der Verwechslungsgefahr aus der entscheidenden Kundensicht.
Der Revisionsentscheid in Fabick, Inc. v. JFTCO, Inc. vom 9. Dezember 2019 stellt die Erwägungen dar, die das Untergericht zu einer Billigkeitsentscheidung führten, die das Obergericht, das Bundesberufungsgericht des siebten Bezirks der USA in Chicago, billigt.
Bei einer Verletzung ist die Löschung oder das Unterlassungsgebot nicht unbedingt die gerechte Lösung, erklärten die Gerichte. Ein Katalog von Aufklärungspflichten auf Webseiten, Rechnungen und sonstiger Korrespondenz über einen Zeitraum von fünf Jahren kann ein geeignetes Mittel zur Vermeidung einer Kundenverwechslung und auch eines Schadensersatzurteils sein, entschieden beide Gerichte.
Das Recht der Mogelpackung: Slack Fill
09. Dez. 2019
33% Luft in der Süßigkeitenschachtel: Sammelklage Benson v. Fannie May Confections
CK - Washington. Wegen einer behaupteten Mogelpackung strengten die Kläger im Revisionsentscheid Benson v. Fannie May Confections Brands Inc. vom 9. Dezember 2019 eine Sammelklage an. Zuviel funktionslose Luft in einer undurchsichtigen Verpackung verletzt das von der Food and Drug Administration verwaltete Nahrungsmittel- und Gesundheitsrecht, ohne dem Verbraucher ein Klagerecht einzuräumen:
A container that does not allow the consumer to fully view its contents shall be considered to be filled as to be misleading if it contains nonfunctional slack-fill. Slack-fill is the difference between the actual capacity of a container and the volume of product contained therein. 21 CFR 100.100(a).Das Bundesgesetz untersagt jedoch keine Anspruchsgrundlagen aus einzelstaatlichem Recht wie Verbraucherschutz, Falschwerbung, Täuschung oder einer Verbindung von unerlaubter Handlung und Verstoß gegen Bundesrecht. Alle denkbaren Register zogen die Klägerinnen, doch das Bundesberufungsgericht des siebten Bezirks der USA in Chicago wies sie nach lehrreicher Erörterung zurück. Letztlich ist auch klar, dass die richtige Menge angegeben war und der Slack-fill-Luftraum nicht funktionslos ist, sondern dem Schutz der Ware dient.
Hölle oder Hochwasser entpflichten nicht
06. Dez. 2019
Hell or High Water-Klausel im Vertrag verbietet Einreden
CK - Washington. Ein Mietfinanzvertrag mit einer Hell or High Water-Klausel zeigt der Beklagten im Revisionsentscheid Xerox Corp. v. JCTB Inc. ihre drastischen Konsequenzen. Sie kann erfolgreich bei einer Zahlungseinstellung nach Problemen mit der Mietsache auf Zahlung verklagt werden, ohne jegliche Einrede oder Einwendung, Defenses, geltend machen zu dürfen.
Das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA in New York City erklärte ihr am 6. Dezember 2019, dass sie sich vertraglich fast aller Rechte begeben habe - außer dem Recht auf Ersatzlieferung vertragsgerecht funktionierender Geräte.
Bei der Hell or High Water Clause muss der Leasenehmer unter allen Umständen zahlen und darf nur dieses eine Recht geltend machen. Selbst ein Rückbehalt oder eine Aufrechnung, auf die eine deutsche Beklagte hoffen würde, sind ausgeschlossen.
$2,4 Mio. Schaden aus unerlaubter Rechtsberatung
04. Dez. 2019
CK - Washington. Kunden eines Boot- und Anhängervertriebs klagten erfolgreich auf Schadensersatz, weil das Unternehmen unerlaubt Rechtsberatung betrieb, indem es die notwendigen Urkunden ohne anwaltlichen Beistand ausstellte und dafür eine Gebühr berechnete.
Am 4. Dezember 2019 erhielten sie einen Nachschlag von $2,4 Mio. für die Erstattung ihrer Anwaltshonorare im Revisionsentscheid Robert McKeage v. Bass Pro Outdoor World, LLC. Das Bundesberufungsgericht des achten Bezirks der USA in St. Louis begründete diese Entscheidung mit der Vertragsklausel, die der obsiegenden Partei die Kosten eines Rechtsstreits zuspricht. Die Klausel weicht von der American Rule of Costs ab, die jede Partei die eigenen Kosten tragen lässt.
Doch ist die Wirksamkeit der Klausel vertragsrechtlich unbedenklich, auch wenn der Schuss, unerwartet aus der Sicht des die Klausel anbietenden Unternehmens, nach hinten losgeht. Beim Vertragsentwurf sind solche Risiken gründlich zu bedenken. In manchen Fällen empfiehlt es sich, genau wie bei der Haftungsfreistellungsklausel unter dem Titel Indemnification das wirtschaftliche Risiko durch angepasste Formulierungen einzugrenzen.
Bei Twitter angekreidet: Schadensersatz
01. Dez. 2019
CK - Washington. Das Urteil in Illoominate Media Inc. v. CAIR Foundation betrifft die Haftung einer als verschwörungsphantasierend bekannten twitternden Klägerin, die von einer anderen Twitternutzerin wegen Regelverstößen angekreidet wurde, woraufhin Twitter das Konto der Klägerin sperrte und ein Schaden aus angeblich rechtswidrigem Eingriff in Geschäftsbeziehungen mit Dritten, nämlich den Lesern der Klägerin, entstand.
Das Bundesgericht im Südbezirk von Florida prüfte die Tatbestandsmerkmale der behaupteten Tortious Interference, die auf bestehende und erhoffte Verträge und auch Geschäftsbeziehungen einwirkt. Es wies die Klage schon allein wegen des Mangels an Geschäftlichkeit der Beziehungen zwischen Twitterschreibern und -lesern ab. Dabei stellte es auf die nichtidentifizierten Leser in ihrer Gesamtheit ab.
Denkbar wäre ein solcher Eingriff, wenn ein Anbieter und ein konkreter Kunde ihr Geschäft über Twitter abwickeln und ein Konkurrent dieses unterminiert. Die Klägerin behauptet vorsichtshalber auch, dass die Meldung an Twitter ihre Vertragsbeziehungen mit Twitter rechtswidrig störe. Das Gericht erkennt, dass Twitter keine Kontoerhaltsvertragspflicht versprochen hat; deshalb kann die Meldung keinen rechtswidrigen Eingriff bedeuten.
Das Urteil vom 19. November 2019 erörtert unnötigerweise auch die Haftungsbefreiung von Internetforen in §230 Communications Decency Act und vermischt dabei die Merkmale der Absätze 1 und 2; an dieser Erörterung sollte sich kein Leser orientieren. Siehe dazu die Landesberichte USA vom Verfasser in Kommunikation & Recht mit den obergerichtlichen Entscheidungen zum CDA und die Analyse von Eric Goldman, Notifying Twitter of TOS Violations Isn't Tortious Interference - Illoominate v. CAIR.
Unvergüteter Zeitungsartikel gedruckt und online
26. Nov. 2019
CK - Washington. Seine Meinung sandte der Kläger im Revisionsbeschluss Joseph v. Buffalo News Inc. an eine Zeitung, erhielt die Antwort, dass sie am Sonntag veröffentlicht werden könne, bedankte sich und sandte nach dem Erscheinen eine Rechnung. Er klagte, weil die Zeitung nicht zahlte, auf urheberrechtlichen Schadensersatz, den er erweiterte, nachdem er entdeckte, dass sein Beitrag auch online erschien.
Den Copyright Act lasen das Gericht und das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA in New York City so, dass der Kläger ein konkludentes Nutzungsrecht erteilt hatte. Ohne die Bedingung einer Vergütung bleibe die Nutzung durch Abdruck vergütungslos und sei nicht schadensersatzpflichtig.
Auch den erweiterten Anspruch wegen der nicht in der Anfangskorrespendenz erwähnten Online-Veröffentlichung prüfte das einflussreiche Revisionsgericht am 25. November 2019. Die Zeitung hatte bereits ein Nutzungsrecht. Wenn der Lizenzgeber die über eine bejahte Lizenz hinausgehende Nutzung rügt, trägt er die Beweislast für den Rechtemangel. Der Kläger hatte jedoch nicht bewiesen, dass er die Veröffentlichung auf das Druckwerk beschränkt hatte.
Zudem berücksichtigt die Revision wohlwollend für die Beklagte, dass sie die Löschung des Beitrags angeboten hatte. Weil der Kläger auf das Angebot schwieg, durfte das Untergericht davon ausgehen, dass er keine Urheberrechtsverletzung beklagte: Because Joseph did not accept Buffalo News's offer to cease publication on the website, he fails to assert a valid claim that the continued display on the website thereafter, pursuant to his prior authorization, infringed his copyright.
Diffamierung: Entscheiden Richter oder Jury?
25. Nov. 2019
Klimawandelwissenschaftler von Presse beleidigt: Rechtsfragen zum Wahrheitsbeweis
CK - Washington. Der Supreme Court hat den Klimawandelwissenschafts-Revisionsfall National Review Inc. v. Mann mehrheitlich nicht angenommen, doch die Mindermeinung von Justice Alito legt den Finger in eine offene Wunde: Die Untergerichte sind unterschiedlicher Auffassuung bei der Frage, ob der Richter oder die Geschworenen in Diffamierungsprozessen die Wahrheitseinrede beurteilen.
Richter sind für Rechtsfragen zuständig; die Jury würdigt die Beweise und subsumiert, bis sie zum Verdikt gelangt, das der Richter im US-Prozess zum Urteil aufwerten kann. Alito erklärte am 25. November 2019 die Rechtsfrage und ihre Bedeutung. Er meint, dass die Nichtannahme zur Revision dazu führt, dass Parteien die für ihr Argument günstigsten Gerichte anstreben. Die unklare Rechtslage müsse in Zukunft bereinigt werden.
Alito wendet sich dann einem weiteren Problem zu. Die Meinungsfreiheit könne überstrapaziert werden, wenn einer beleidigenden Falschbehauptung die Worte In my Opinion vorangestellt werden. Damit entlaste sich der Beleidiger, doch bleibt nicht die falschaussagende Beleidigung am Opfer hängen? Auch diese Konstellation bedürfe dringend einer Korrektur, argumentiert der durch die trumpsche Richterernennungen in seinem Einfluss gestärkte Alito.