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Herausgeber: Clemens Kochinke
Attorney at Law u. Rechtsanwalt i.R., USA

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Markenerstreckungsgebühr steigt in den USA
16. Nov. 2024
CK - Washington.   Die billigste Antragsgebühr von $250 für originäre amerikanische Markeneintragungsanträge entfällt 2025, verkündet das Bundesmarkenamt USPTO in Setting and Adjusting Trademark Fees During Fiscal Year 2025; Final Rule am 18. November 2024. Pro Klasse werden nun $350 fällig, gleich ob ein TEAS-Antrag einfach oder standardabweichend ist.

Für die Erstreckung von WIPO-Anträgen steigt die Gebühr von $500 auf $600. Der Unterschied zu originären amerikanischen Anträgen beruht wohl auf dem erhöhten Aufwand bei WIPO-Anträgen, die vielfach ein Waren- oder Dienstleistungsverzeichnis aufweisen, das mit dem amerikanischen nicht kompatibel ist.

WIPO-Erstreckungsanträge müssen in der Regel scharf gestutzt werden, was nicht nur für das Markenamt, sondern auch die Antragsteller kostspielig ist, die sich gegen Eingriffe des Markenamts in der Form von antragsabweisenden Office Actions verteidigen müssen. Aus amerikanischer Sicht empfiehlt sich bei der WIPO-Antragstellung mehr denn je, gleichzeitig einen originären US-Antrag zu stellen.
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Das in den USA anwendbare Recht ermitteln
10. Nov. 2024
CK - Washington.   Im Ausland mag es merkwürdig klingen, dass in den USA je nach Gericht und Fall das anwendbare Recht festgestellt werden muss. Ein amerikanisches Recht gibt es ja nicht, sondern einerseits Bundesrecht, andererseits einzelstaatliches Recht. Das gilt materiell wie prozessual.

Bei Parteien aus unterschiedlichen Staaten muss, wenn nicht vertraglich das anwendbare Recht bestimmt wird, das anwendbare Recht ermittelt werden, wie hier im Fall Projekt Veritas v. Cable News Network Inc., der eine landesweit wirkende Verleumdung eines Klägers aus Virginia und New York durch einen Kabelsender aus Georgia vor einem Gericht in Georgia betrifft.

Das Gericht wendet das Prozessrecht von Georgia und das materielle Recht von New York an, wie das Bundesberufungsgericht des Elften Bezirks in Atlanta in einer Fußnote erklärt:
Because Georgia was the forum state for this action, the district court conducted a choice of law analysis under Georgia's choice of law rules, which, in tort cases, apply the doctrine of lex loci delicti. Under this doctrine, the action "is governed by the substantive law of the state where the tort was committed." … The district court determined that, for purposes of a multistate defamation case, "the place of the wrong” is the state or states where the plaintiff is domiciled. Further, the district court found that Veritas, domiciled in Virginia (its state of incorporation) and New York (its principal place of business), felt the alleged injury "more principally" in its principal place of business and thus New York precedent should apply.

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Mangel der einzigartigen Softwareentwicklung
17. Okt. 2024
CK - Washington.   Als der Prozess Shelomentseva v. Computools LLC am 17. Oktober 2024 in der zweiten Instanz endete, waren wahrscheinlich auf beiden Seiten schon sechsstellige Beträge an Anwalts- und sonstigen Kosten verspielt. Und dann entflocht das Bundesberufungsgericht des Zweiten Bezirks der USA den vermeintlichen Gordischen Knoten auf die einfachste Weise.

Es stellte seine Zuständigkeit fest und wandte sich den Behauptungen der Parteien zu, die sich mit einem Softwareentwicklungsvertrag verbunden hatten. Der Entwickler hatte ein Programm entwickelt, das dem Kunden nicht einzigartig genug erschien. Der Kunde verwies auf die dokumentierte Programmvision, der Entwickler auf den Vertrag.

Das Gericht las die Dokumente und erkannte, dass der Vertrag für die Aufgabenstellung mit detaillierter Definition auf eine Anlage verweist und bestimmt, dass diese Anlage einzig und allein die Spezifikationen für die Einzigartigkeit vorgeben darf. Allein - die Anlage ist leer. Nur das Visionsdokument enthält die Spezifikationen.

Da gab es nichts auszulegen oder in den Vertrag hineinzulesen. Er ist klar und eindeutig. Das Visionspapier greift nicht. Ein Anspruch auf eine einzigartige Software besteht nicht. Das Werk ist geleistet, und der Mangel an Einzigartigkeit greift nicht als Einrede.
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Verwendungsnachweis für Marken in den USA
15. Sept. 2024
CK - Washington.   Seit 2017 führt das Bundesmarkenamt der USA Sonderprüfungen für die Richtigkeit von Verwendungsnachweisen durch, die Markeninhaber vor dem Ablauf von sechs Jahren, zehn Jahren und dann allen weiteren zehn Jahre nach der Eintragung einer Marke für die Verlängerung einer Markeneintragung besitzen müssen.

Jetzt weist das Trademark Office auch besonders darauf hin, dass diese Sonderprüfung jede Ware und jede Dienstleistung treffen kann, für die die Marke eingetragen ist. Was ist daran bemerkenswert? Im langen amtlichen Erinnerungsschreiben, TRADEMARK REGISTRATION MAINTENANCE DOCUMENT(S) [..] MUST BE FILED BEFORE DEADLINE OR REGISTRATION WILL BE CANCELLED/EXPIRED, an die Meldepflicht heißt es nahezu unscheinbar:
Proof of Use Audit. The USPTO is conducting an audit program to promote the accuracy and integrity of the trademark register. If a registration is selected for audit, the owner will be required to submit proof of use for additional goods/services for which use is claimed in a Section 8 Declaration. Detailed information about the program is available on the Proof of Use Audit Program webpage.
Ausländische Markeneintragungen, die in die USA erstreckt werden, sind besonders betroffen, weil das Markenamt aufgrund zahlreicher Erfahrungen mit China und anderen Ländern, deren Markeninhaber viel mehr Waren und Dienstleistungen angeben als sie im Handel vertreiben, von Betrug am Amt ausgeht. Wenn das Amt oder Dritte diesen vermuteten Betrug nachweisen können, wird die gesamte Marke gelöscht, nicht nur die Liste nicht mit der Marke versehener Güter und Leistungen.

In der Praxis kann dieses Ergebnis einfach vermieden werden, indem der Inhaber bei jeder Verlängerung das nicht mit der Marke im US-Handel Vertriebene aus dem Verlängerungsantrag streicht. Das gilt, obwohl pro Klasse in der Regel nur ein Nachweis für eine einzige Ware oder Leistung anzugeben ist, selbst wenn die Klasseneintragung viel mehr verzeichnet.
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Onlinebeispiel mit Todesfolge haftungsbefreit?
28. Aug. 2024
CK - Washington.   Eine Zehnjährige stirbt, als sie dem Onlinebeispiel einer gefährlichen Ohnmachtsübung folgt. Haftet der Onlineanbieter, der das Beispielvideo nicht erstellt, sondern es lediglich in ein besonderes Konto der Kundin nach algorithmischer Auswahl eingestellt hatte?

Das Video stammt von Dritten, und nach §230 Communications Decency Act sind Onlineanbieter von der Haftung für Inhalte Dritte befreit, weil sie wie ein Postbote oder Telekommunikationsdienst als Übertragungsdienst eingeordnet sind.

Das Bundesberufungsgericht des Dritten Bezirks der USA in Philadelphia setzt sich am 27. August 2024 im Fall Taiwanna Anderson v. Tiktok Inc. ausführlich und lehrreich mit der Norm, der Rechtsgeschichte, den Präzedenzfällen und der technischen Entwicklung seit den Urzeiten des öffentlichen Internets auseinander.

Während die erste Instanz die Nachlassklage auf Schadensersatz nach §230 CDA abwies, meinen die Revisionsrichter mit unterschiedlichen Begründungen, dass der Gesetzgeber regelungslückenhaft diesen Fall nicht vorhersah, und dass die algorithmische Zuweisung von Inhalten eine redaktionelle Leistung des Onlinedienstes darstelle, für die die Haftungsimmunität nicht beabsichtigt sei.

Die Entscheidung kann vor dem Supreme Court in Washington, DC, landen, dessen Einschätzung der Norm unter Berücksichtigung technischer und politischer Entwickungen seit der Internetgründerzeit als dringend angesehen wird.
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Wie schreibt man US-Kollegen und -Mandanten?
25. Aug. 2024
CK - Washington.   Kollegen in Deutschland sind sich gelegentlich unsicher, wie förmlich, höflich oder freundlich sie Kollegen und Mandanten in den USA schreiben sollen. Die Vielfalt ist unbegrenzt. Um auf der sicheren Seite zu bleiben, hier einige Anregungen und Hinweise:

Hello bei erster Korrespondenz: nein. Dear Ms X passt in der Regel. Dear sir oder madam klingt antiquierter, ist aber nicht falsch. Dear Ladies and Gentlemen klingt ausländisch.

Vornamen bei erster Korrespondenz: nein. Dear Ms X and Mr. Y klingt normal. Gentlemen: Bei einer unbekannten oder bekannten Mehrzahl passt das auch.

Danach kann man auf Vornamensbasis mitziehen, aber sollte es nicht initiieren. Auch bei normalem und förmlichem Dear kann der Inhalt so formuliert werden, dass er freundlich klingt. Die teuersten Anwälte gönnen dem Gegenüber gern das Dear, die billigeren scheinbar nicht, und im Streitverhältnis halten es manche für überflüssig, auch wenn es vor Gericht besser wirkt. Good morning, Hello, Hi usw. werden üblicher, dann aber ohne Dear.

Wichtiger noch:

Der erste Buchstabe in der ersten Zeile nach der Anrede wird groß geschrieben, auch wenn das wegen des Kommas nach der Anrede im Deutschen nicht der Fall ist:
Dear Mr. Y,
Do you mean what you stated in line 17 of your email? If so, why?
Sincerely,
Felix Advokatus


Im Text: Länderadjektive beginnen mit einem Großbuchstaben, also:
We believe that German law is unlike American law in this respect. We appreciate that the German constitution benefits from the American experience.

Interpunktion bei Zahlen falsch setzen, dann wird es im amerikanischen Englisch richtig. Vorsicht bei der Milliarde. Sie heißt billion.
A billion dollars costs less than a "Milliarde" of Euros.
Komma nach der abschließenden Grußformel.

Eine Wettermeldung in der Schlußformel ist unüblich, wenn das Wetter keine Auswirkungen auf das besprochene Thema entfaltet.
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Zensur des Forumbetreibers verfassungsvereinbar
10. Aug. 2024
CK - Washington.   Das einflussreiche Bundesberufungsgericht des Neunten Bezirks der USA in San Francisco bestätigte einem Onlineforumbetreiber im Fall Children's Health Defense v. Meta Platforms Inc. am 9. August 2024, dass dessen Zensur von Beiträgen Dritter nicht das Grundrecht auf Meinungsfreiheit rechtswidrig verletzte. Auch das Hinzufügen von Warnungen unter irreführenden Beiträgen sei eine rechtmäßige Ausübung des dem Betreiber zustehenden Redaktionsrechts.

Die Klägerin unter der Leitung eines etwas wirren Präsidentschaftskandidaten und Anti-Impfers behauptete, ihre Beiträge auf dem Forum würden wahrheitsgemäß Kritik an der staatsseitig vertretenen Auffassung über Impfungen publizieren. Löschen und Warnungen vom Forumsbetreiber würden den Wert der Beiträge unterminieren und eine verfassungswidrige Zensur bedeuten. Diese Zensur entspräche Absprachen oder Gleichschaltung mit staatlichen Institutionen und damit der verfassungswidrigen Einflussnahme auf das Äußerungsrecht der Bürger.

Fast wie erwartet stellt die Revision nun fest, dass nur dem Staat die Zensur durch die Verfassung verboten wird. Private, wie die Beklagte, dürfen ein Redaktionsrecht ausüben, was auch auf eine Art von Zensur hinauslaufe, die jedoch keine staatliche Zensur darstelle. In diesem Fall handele also nicht der Staat, und der Betreiber sei auch nicht im Staatsauftrag tätig.

Ein verfassungswidriges Handeln im Staatsauftrag könne zwar auch Private zur Haftung verpflichten. Die zufällige oder auch gewollte Parallelität von Auffassungen über wissenschaftliche oder medizinische Erkenntnisse bedeute jedoch kein Handeln im Namen des Staates. Der Grundrechtsanspruch sei deshalb nicht auf den Onlinebetreiber anwendbar.

Das Grundrecht der Meinungsfreiheit samt des staatlichen Zensurverbots ist im Ersten Verfassungszusatz, First Amendment, verankert:
Congress shall make no law respecting an establishment of religion, or prohibiting the free exercise thereof; or abridging the freedom of speech, or of the press; or the right of the people peaceably to assemble, and to petition the Government for a redress of grievances.

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US-Verfassung: Machtverschiebungen
04. Juli 2024
CK - Washington.   Vor 90 Jahren war der Kanzleigründer des Verfassers die rechte Hand des Präsidenten. F. D. Roosevelt wollte die Weltwirtschaftskrise meistern, indem er der Wirtschaft des Landes einheitliche Regeln vorschrieb und ein kleines Sozialnetz einführte. Das setzte voraus, dass die Einzelstaaten Kompetenzen an den Bund abträten - oder er sie dem Bund anmaßen würde. Für die zweite Lösung verfasste der Kanzleipartner die Bundesgesetze, die schnell zur Gründung und zum Bau von Bundesministerien sowie Klagen bis zum Supreme Court führten. Dessen erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken schob dieser schweren Herzens beiseite, und der Bund hat bis in die neunziger Jahre eine Vereinheitlichung des Rechts in zahlreichen Fachbereichen erzielt.

Dagegen erhob sich eine Opposition unter dem Repräsentantenhausführer Gingrich, die die Macht den 50 Einzelstaaten zurückgeben wollte. Diese Opposition mündete schließlich in die trumpschen Wahlversprechen. Bei trumps Wahl zum Präsidenten warnte der Verfasser, dass nicht nur eine Demokratiedurststrecke von vier Amtsjahren zu erwarten sei, sondern ein vierzig Jahre lang drohender Schaden, nämlich durch die Zuständigkeit des Präsidenten für die Einsetzung von Supreme Court-Richtern. Zwei oder drei von neun Richtern können die Richtung der Verfassungsauslegung auf deren Lebzeiten ändern.

Mit Tricks des Senatsführers McConnell gelang es trump, Extreme in drei Stellen einzusetzen. Das Ergebnis ist spätestens mit den Urteilen des Supreme Court in der vergangenen Woche allen klar geworden: Präsident trump stand mit seinen Handlungen über dem Gesetz und zwar im Zweifel auch von dem Privatleben zuzuordnenden Handlungen; die Kompetenzen des Bundes sind zurückgeschraubt, sodass die Einzelstaaten nicht nur im vorher rein bundesverfassungsrechtlichen Abtreibungsrecht das letzte Wort haben; der Spielraum der Ministerien bei der Umsetzung und Durchführung von Bundesgesetzen ist so eingeschränkt, dass sie ohne Auslegungszuständigkeit nur noch eindeutigen Anordnungen des Gesetzgebers folgen dürfen; und die Strafverfolgungsämter des Bundes müssen den Expräsidenten als nahezu unantastbaren Führer behandeln.

Die ohnehin kaum vorhandene Rechtseinheitlichkeit und Rechtsicherheit aufgrund von Bundeszuständigkeiten wird von der Vielfalt der einzelstaatlichen Lösungsansätze verdrängt. Für Unternehmen wie Bürger wird es nur schwerer, ihre Rechte und Pflichten einzuschätzen. Wahrscheinlich wird die Anwaltschaft von der neuen Verfassungsordnung profitieren, doch meist im Bewusstsein des Verlustes von Verfassungsrechten, die mehr als 50 Jahre lang und vielleicht in 50 Jahren wieder selbstverständlich waren und sein werden.
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© 2003-2022 Clemens Kochinke